Kolumnen
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Eine Kolumne von Bastian Flimm
23. Februar 2022
Bundeskanzler Olaf Scholz und Altmeister Zhuangzi spielen gemeinsam Flöte
Der im Jahr 365 v. Chr. geborene Philosoph Zhuangzi soll ein begnadeter Wortkünstler und Gesprächspartner gewesen sein. Der Legende nach lehnte er das Angebot ab, als Minister am Hof des Königs zu dienen. Er bevorzugte die Stellung als Gärtner und fand offensichtlich genug Zeit, um eine Vielzahl interessanter Gleichnisse nieder zuschreiben. In der Geschichte „Vom Flötenspiel des Himmels“ findet ein Schüler seinen Meister geistesabwesend und in den Himmel blickend vor. Der Schüler erkundigt sich nach dem Zustand des Meisters, der ihm berichtet, er habe sich gerade von seinem Ego verabschiedet. Er erzählt ihm vom Flötenspiel des Menschen, der Erde und des Himmels. Das Flötenspiel des Menschen beschreibt die windige Geschwätzigkeit der Menschen, ihre Streitigkeiten und Versuche, das Gegenüber von der eigenen Meinung zu überzeugen.
Das Flötenspiel der Erde sind die Töne, die der Wind verursacht, wenn er durch die Schluchten, Gassen und Löcher streicht. Je nachdem wie der Hohlraum eines Lochs beschaffen ist, klingt der Wind anders. Und immer einzigartig. Zhuangzi schreibt: „Eine leichte Brise klingt wie eine kleine Harmonie, während ein starker Sturm Harmonie in Größe erklingen lässt. Wenn der scharfe Wind weiter zieht, kehren die Löcher zurück in die stille Leere “. In der Philosophie des Zhuangzi ist es das Ziel, die Leere zu erreichen. Dies geschieht, wenn das Ego überwunden ist. Und dann erklingt das Flötenspiel des Himmels. Hiermit ist weder der Gesang der Vögel noch die Stimme Gottes gemeint. Und es wäre ein Missverständnis, hierunter die europäische Vorstellung von Gott als Lenker hinter den Dingen zu verstehen. Mit dem Flötenspiel des Himmels meint Zhuangzi das Natürliche, das Spontane. Es ist das freie Spiel der Töne, die erklingen, wenn die Dinge ihren natürlichen Lauf nehmen.
In diesen stürmisch wehenden Februartagen ist es der natürliche Lauf der Dinge, sich in sein eigenes Loch zurückzuziehen. Von hier aus lässt sich die Weltlage entspannt verfolgen, wie z.B. das Interview mit Olaf Scholz kurz vor seinem Abflug in die USA. Im Anschluss daran hagelte es reichlich Kritik, z.B. schrieb Rave Cousins auf Youtube: „Man muss abwarten, ob und wann er liefert. Ich hoffe er kommt mal in den ersten Gang.“ Die Hoffnung ist nachvollziehbar, dürfte aber nicht erfüllt werden. Vermutlich ist es die Absicht des Bundeskanzlers weiterhin im Leerlauf seine Politik zu betreiben. Er dürfte die Gleichnisse des Zhuangzi im Handgepäck mit sich führen, aber es steht zu befürchten, dass er sich nicht damit begnügen wird, nur als sein Schüler zu enden. Die einzigartigen Scholz-Antworten werden die Grundlage einer eigenen, neuen Philosophie sein. Es sind seine meisterhaft vorgetragenen, komplett inhaltsleeren Schachtelsätze, über die in ein paar tausend Jahren ein Kolumnist voller Begeisterung berichten wird.
Der Anfang wieder spannend, Neugierde weckend, dann frag ich mich nach der wahren Interpretation des Gedankens
Und folge schneller lesend der Auflösung im jetzt mit einem Lachen belohnt zu werden…
„Inhaltsleere Schachtelsätze“ – besser kann man die
Kommunikation der Politiker in dieser Zeit der Verirrungen nicht
benennen.