B. Flimm
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Eine Kolumne von Bastian Flimm
3. März 2021
Zwei Verwandte: die Philosophie und die Sendung mit der Maus
Findet man sich unerwartet auf einem Rettungsboot wieder, vor einem nur das weite Meer bis zum Horizont, müsste es im Bootsinneren eine Schublade geben. Darin könnte griffbereit eine Trompete liegen, mit einem Zettel worauf steht: „Was ist Philosophie?“. Sich dieser Frage zu widmen würde die Zeit bis zur nächsten „Land in Sicht“-Meldung fabelhaft überbrücken, denn was ist Philosophie? Es gibt nichts, womit sie sich nicht beschäftigt, manch böse Zunge zweifelt gar ihre Wissenschaftlichkeit an, aber Fakt ist: sie war schon immer da und wird auch immer bleiben. Das Wort Philosophie stammt aus dem Griechischen und lässt sich in „Liebe zur Weisheit“ übersetzen, welches kein schlechter Anfang ist. Weiterhin fällt auf, dass in der Philosophie oft mit einer Frage begonnen wird, z.B. was kann ich wissen? Oder: Was soll ich tun?
Befindet man sich doch nicht auf dem weiten Ozean, sondern im heimischen Wohnzimmer, kann man auch die aktuelle Ausgabe der Sendung mit der Maus auf den Bildschirm zaubern. Hier werden viele Fragen auf prägnante Weise beantwortet, z.B. warum haben die meisten Windräder drei Flügel? Offenbart sich nicht schon an solchem Beispiel ein zutiefst philosophischer Geist? Aber natürlich, es geht um das vagabundierende Denken, welches zu einer Frage führt, welches zu einer neuen Anschauung führt. Aber Moment mal, heißt das etwa: die Sendung mit der Maus ist eine getarnte philosophische Exkursion? Ja, das heißt es, aber komischerweise kam jemand auf die Idee, dieser Sendung einen Decknamen zu verpassen und außerdem eine inkognito Sendezeit, Sonntag früh, zu der professionelle Philosophen noch schlafen. All diese Dinge geschahen vor 50 Jahren, denn nun in dieser Woche feiert die ARD das 50-jährige Jubiläum mit einer Geburtstagsshow am Samstagabend.
Es ist ein Kuriosum, dass eine Sendung die so viel in Frage stellt, auch so viele Altersgruppen und Berufsstände in ihrer Fangemeinde vereinen kann. Als die Maus ihr 25-jähriges Bestehen in Köln feierte, geriet die Organisation beinahe zum Fiasko, weil plötzlich 1 Mio. Besucher auf dem Roncalliplatz standen. Wie kann das sein? Es muss damit zu tun haben, dass das philosophische Frage-und-Antwort-Spiel tief im menschlichen Erbgut verankert ist. Und damit, dass man mit der Maus den richtigen Moderator gefunden hatte. Denn sie spricht keinen Ton, schweigsam springt sie in den animierten Spots von einer Sachgeschichte zur nächsten. Und ihr putziges Wimpernklicken hält den Raum frei für des nächsten Rätsels Lösung. Aber nicht zu vergessen ist ihr Begleiter, der kleine Elefant, der mit seiner schnäuzenden Mini-Trompete jedes Abenteuer ein- und ausläutet. Solch Draufgängertum kann selbstredend auf einem x-beliebigen Rettungsboot mitten auf einem der sieben Weltmeere enden. Sofort stellen sich mehrere Fragen, allesamt höchst philosophisch: wo sind wir? Wohin treiben wir? Und wie kommen wir wieder nach Hause? Das Philosophenherz lacht, der Philosophenmund bläst in die Trompete. Täterätääääää! Und alles Gute zum Geburtstag!
Ja, die Sendung mit der Maus ist zutiefst philosophisch. So gelingt der Sprung aus dem Rettungsboot in das heimische Wohnzimmer. Und das seit langem schon. Philosophen sind auf den 7 Weltmeeren unterwegs. Frage reiht sich an Frage und bestimmt den Kurs. Die Kolumne stellt gelungene Verknüpfungen her.
stoikus