B. Flimm
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Eine Kolumne von Bastian Flimm
12. März 2021
Von wachsenden Gehirnen und fußballerischen Akzenten in der Politik
Wie die Dinge stehen, wird das Jahr 2021 das Ende einer Epoche markieren. Fußballdeutschland muss sich neu erfinden, denn Joachim Löw wird nun doch im Sommer, nach einer hoffentlich erfolgreichen Europameisterschaft, seinen Posten als Bundestrainer zur Verfügung stellen. Sein Vertrag mit dem DFB läuft noch bis ins Jahr 2022, aber überraschend hat er darum gebeten, dass sein Vertrag frühzeitig beendet wird. Von der Löw-Ära wird vor allem die Weltmeisterschaft im Jahr 2014 in Erinnerung bleiben. Überhaupt gab es viel zu bejubeln in seiner Amtszeit, und wenn es zum Ende hin etwas dünn wurde, z.B. bei der WM in Russland, so bleibt unterm Strich doch das Bild eines flüssigen und erfolgreichen Kombinationsspiels erhalten.
Ein üblicher Fußball im Profisport wiegt ungefähr 440g, welches man als federleicht bezeichnen könnte. Vor ungefähr 2,6 Mio. Jahren jagten Menschen Landsäugetiere, die im Durchschnitt 500kg wogen. Wissenschaftler der Universität Tel-Aviv fanden kürzlich heraus, dass über die Jahrtausende hinweg die gejagten Tiere immer kleiner wurden. Die schweren Tiere starben aus, als nächstes kamen die kleineren. Über den gleichen Zeitraum wurde das menschliche Gehirn immer größer, das Volumen wuchs von 650 auf 1.400 cm³. Die Wissenschaftler behaupten nun, dass diese Korrelation kein Zufall sei, sondern, dass das menschliche Gehirn wachsen musste, um zu überleben. Begründung: die Jagd der kleineren Tiere beanspruchte ein höheres Maß an List und Ideenreichtum. Mit anderen Worten, der Mensch ist ein höchst anpassungsfähiges Lebewesen: er hat sich aus der Krise heraus die Evolutionsstufen hinaufgearbeitet. Ist das nicht eine Perspektive, die hoffnungsvoll stimmt?
Die Bundestrainernachfolgekrise ist wohl nur eine Aufwärmübung. Wie leichtfüßig wird die Politik sich der Maskenaffäre entledigen? Das Bruttogehalt eines Bundestagsabgeordneten beträgt knapp 10.000 Euro im Monat. Nicht wirklich kurz vor der Armutsgrenze müssen ein paar Staatsdiener dennoch Schmiergelder für Vermittlungsgeschäfte kassieren. Genannt werden nur wenige Namen, aber was sagt das über die politische Kultur aus, wie hoch ist die Dunkelziffer? Ein Glück, dass die menschliche Evolution noch nicht am Ende ist. Die Gehirne werden weiterwachsen, der gewonnene Intelligenzschub köpft jede Herausforderung ins nächstbeste Tor. Ist dieser Entwicklung eine Grenze gesetzt? Nein, aber einen Haken gibt es dennoch: die Fußbälle müssen weiter schrumpfen. Nur so ist das Gehirn weiterhin gefordert zu expandieren. Spinnt man die Idee weiter, würde eines Tages gar kein Fußball mehr über den Rasen rollen. Aber können wir nicht auch ohne Ball von Tor zu Tor laufen? Natürlich können wir das, am besten lässt man die Spieler anstatt übers Gras zu flitzen knietief im Matsch versinken. Dies hätte den Vorteil, dass Fußballer, die oft im besten Alter ausgemustert werden, eine zweite Karriere in der Politik anstreben könnten. Das geübte Sumpf-Dribbling um die im Moor versteckten Sündenbockleichen erhöht zweifellos die politischen Aufstiegschancen.
Sehr schön. Ich würde nur im ersten Absatz schon das Thema Jagd anklingen lassen, dann kommt das Thema nicht so unerwartet in Absatz 2. Vielleicht „Jagd nach den Ball“
Max A.
Ich finde gerade diesen „Bruch“ sehr schön, weil ich mich als Leser erstmal kurz orientieren muss und gefordert bin.
Berit