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B. Flimm

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Eine Kolumne von Bastian Flimm

19. März 2021

Ein Walross am Strand von Irland löst ein paar weiterführende Gedanken aus

Vor wenigen Tagen wurde an der irischen Westküste ein Walross gesichtet, was selten vorkommt, denn Walrosse bevorzugen die Gewässer der Arktis. Meeresbiologen vermuten, dass das Tier auf einem Stück Treibeis eingeschlafen ist und nun in Irland aufwachte. Die beiden Spaziergänger Alan Houlihan und Tochter Muireann entdeckten es und tauften es voller Begeisterung auf den Namen „Isabelle Cian“. Trotz aller Freude darf nicht vergessen werden: wäre die 5-jährige Muireann ihrem Vater davongelaufen, um Isabelle zu streicheln, wäre der Mindestabstand von 2m deutlich unterschritten worden. Aber wahrscheinlich waren es Isabelles auffälligen Stoßzähne die den Spaziergängern Respekt einflößte und sie somit auf Distanz hielt. Die auch „Hauer“ genannten Eckzähne eines Walrosses sind ein Fortbewegungsmittel, denn mit ihrer Hilfe ziehen sie sich über das Eis. Das Männchen mit den größten Zähnen genießt Respekt in der Gruppe und darf sich seinen Ruheplatz aussuchen. Egal wer bisher dort schlief, derjenige hat den Kürzeren gezogen.

Nach nun 12 Monaten pandemiebedingter Einschränkung der Reisefreiheit ist die Vorstellung schlafend in ein verheißungsvolles Land zu reisen zu schön um wahr zu sein. Wer würde nicht seinen linken Stoßzahn dafür hergeben, um mit Isabelle zu tauschen? Aber wenn die Kombination aus Schlaf und Reise nicht möglich ist, so bleibt immer noch der Schlaf allein, der einen über die Zeit retten kann. Am heutigen Weltschlaftag erfährt man vieles darüber was guten Schlaf ausmacht. Eine Schlüsselrolle spielt das Hormon Melatonin, welches den Tag-Nacht-Rhythmus steuert. An alle Nachtwandler, Schlaflosen und Wenigschläfer: sorgen Sie einfach für mehr Dunkelheit in Ihrem Leben, dann wird automatisch Melatonin ausgeschüttet und Sie landen schnellstmöglich im zuckersüßen Schönheitsschlaf. An Vorbildern mangelt es nicht, das berühmteste dürfte Dornröschen sein: ihre Nachtruhe dauerte 100 Jahre.

Ob Dornröschen ihren Tiefschlaf in kompletter Dunkelheit verbrachte ist nicht überliefert. Trotz der jahresbedingten Zunahme an Tageslicht, scheint die politische Gesamtlage sich zu verdunkeln. Wer kann in diesen Tagen noch den Überblick behalten zwischen Öffnungsorgien und Lockdownbeschwörungen, selbstredend im föderalen Zick-Zack-Dreiklang aus Kommune, Land und Bund? Wenn die führenden Stoßzahn-Intellektuellen zunehmend die Schwächen der Demokratie in einer pandemischen Krise beschreiben, sogleich China als Vorbild nennen, ja was …, ja was steht uns da bevor? Eine lupenreine Diktatur würde zumindest eine gleichbleibende kompromisslose Corona-Strategie ermöglichen. Aber halt – noch mal einen Schritt zurück! Wie war es noch bei Dornröschen? Na, sie wurde wachgeküsst von einem Königssohn. Dann könnte doch das darnieder liegende Deutschland durch die Wiedereinführung der Monarchie gerettet werden. Wer hätte etwas dagegen, wenn wir aus 16 Bundesländern 16 Königreiche machten? Niemand. Bräuchte es noch eine moderierende Kaiserin, die über allem schwebt? Nein, das Geld sparen wir uns, samt Gefolge und unnützer Hofberichterstattung. Falls Sie nicht gerade auf einer x-beliebigen Eisscholle eingeschlafen sind: erzählen Sie es weiter, denn es gibt Hoffnung. Einziger Wermutstropfen: auch königliche Hochzeiten werden weiterhin nur unter strengsten Hygiene-Auflagen stattfinden, Dornröschen hin oder her.