B. Flimm
Das Streiflicht
Eine Kolumne von Bastian Flimm
Das Streiflicht IV
„Handwerk hat goldenen Boden“, lautet die Antwort meiner Frau. Wir besprechen den sogenannten Plan B, eine berufliche Veränderung meinerseits, die uns vor dem finanziellen Ruin bewahren soll. Eine Umschulung zum Bäckergesellen klingt auf den ersten Blick nicht vielversprechend, man darf aber nicht vergessen, dass es auch in dieser Branche Aufstiegsmöglichkeiten gibt, zum Beispiel zum Bio-Bäcker. Dieser eigentlich in Vergessenheit geratene Plan kommt mir in den Sinn, während ich die Nachrichten des Tages sortiere.
Wem fällt aus dem Stand ein Film mit Sophia Loren ein? Mir nicht und während ich über sie in den Nachrichten stolpere, erfahre ich, welches ihre schönsten Kindheitserinnerungen sind: wenn sie ein Stück Brot zu essen bekam. Um dies zu verstehen, muss man sich das Alter der Filmdiva vor Augen führen, welches stolze 86 Jahre beträgt, was wiederum bedeutet, dass ihre Kindheit im zweiten Weltkrieg stattfand. Noch während das Thema Brot, durch Sophia Loren auferstanden, in meinem Gedächtnis zuckt, blättere ich weiter und lese über einen Fish-und-Chips Laden im Nordwesten Englands. Besonders gefällt mir sein Name, nämlich „Oh my Cod“, welches nicht nur fast so klingt wie „Oh my God“, sondern auch darauf hinweist, dass es hier die Fischsorte Kabeljau, mit Pommes getränkt im besten britischen Essig, zu futtern gibt. Da frage ich mich spontan, wie die Gastronomiebetriebe in unserem Viertel heißen, da sind beispielsweise City Döner, Palast Döner, Nice Döner und Chef Döner. Nicht ganz unwichtig ist, ob man sich einen Namen gut merken kann. Als ich mich vor ein paar Wochen mit einem guten Freund verabredete, fiel die Wahl für einen Treffpunkt auf den Chef Döner, einfach nur weil der Name schnell zur Hand war. Überhaupt wäre zu klären, wie ich das famose Brot nennen könnte, welches bald von meinen Händen geknetet die Herzen der Brotesser höherschlagen lässt. Denn egal was man macht, man braucht immer einen schön klingenden Namen, der verheißungsvoll von einer fantastischen Welt erzählt. Ich darf den Spitzenreiter der Wortschöpfungen vermelden, für das Geheimrezept, das Brot, die Firma, nämlich: „bio/brot/logisch“.
„Machst du die Umschulung oder nicht?“, möchte meine bessere Hälfte wissen. „Sag mal, kannst du mir aus dem Ärmel einen Film mit Sophia Loren schütteln?“ Während sie unerwartet ins Grübeln kommt, fällt mir etwas ganz Anderes ein und zwar ein Interview mit Cary Grant. Auf den Spruch des Journalisten „Jeder den ich kenne wäre gerne Cary Grant“, soll Cary Grant tatsächlich geantwortet haben „ich wäre auch gerne Cary Grant“. Noch während ich überlege, was diese Anekdote bedeutet, oder warum sie mir in den Schoß fällt, sagt meine Frau: „Hausboot, mit Cary Grant.“ Ach, wie Trost spendend das Leben doch sein kann, ein herzerfrischender Gleichschritt der Gedanken, völlig unerwartet und man könnte meinen, ein gutes Omen für alles was da kommen mag. Quo minime credis gurgite, piscis erit, wo du es am wenigsten glaubst, da schwimmt der Fisch.
31. Oktober 2020, Bastian Flimm