B. Flimm
flimm-sala-bim
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eine Kolumne von Bastian Flimm
’23. Februar 2021
Der kleine Prinz auf dem Mars, und was das mit „Radio Ga Ga“ zu tun hat
Es gibt Künstler, die erfahrene Zeitreisende sein müssen, denn so ganz nebenbei äußern sie Prophetisches. Wohlmöglich traf Antoine de Saint-Exupéry mit „Der kleine Prinz“ einen solchen Nerv. Der kleine Prinz lebt auf einem fernen Asteroiden, reinigt Vulkane, beobachtet die Affenbrotbäume und kümmert sich um eine Rose. Das kommt einem irgendwie bekannt vor. Und später in der Geschichte, wenn er auf der Erde weilt, erhält er vom Fuchs tiefere Einsichten in das Leben. Ihm wird schließlich bewusst, dass er seine Rose liebt und zu ihr zurückkehren möchte. Um das zu erreichen muss er sterben, durch den Biss einer giftigen Schlange, und kann nur als Seele ohne Körper heimkehren. Ein denkwürdiger Satz lautet: „Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“
Die kleinen Prinzen der NASA machen sich derzeit die Landschaften des Mars vertraut. Das Landfahrzeug „Perserverance“ spielt dabei eine entscheidende Rolle: es rollt sich über den roten Staub und sammelt Steine, die uns Geschichten über den Planeten erzählen. Perseverance wird, wenn es nicht gerade einen Vulkan sauber putzt, jedes Audiosignal fein säuberlich dokumentieren. Ein paar Ausschnitte davon gab es heute zu hören. Der NASA Sprecher empfahl dies mit geschlossenen Augen zu tun – Moment mal, wann hat der moderne Mensch das letzte Mal etwas mit verdunkelten Guckern getan? Das klingt nach einem 100-jährigen Sprung zurück in die Vergangenheit. Bestimmt hat man zuletzt mit geschlossenen Augen vor den ersten Rundfunkgeräten gesessen und sich gewundert, wie das möglich sei. Was gab es also zu hören, im NASA-Langwellenradio? In der Tat ein Wimpernschlag des weiten Universums, da pflügte ein kalter Wüstenwind über die hohl gefegten Krater. Ohne großes Zutun entsteht das Bild einer unendlich weiten Galaxie. Von unbegrenzten Möglichkeiten.
Ein prophetischer Künstler ist auch Roger Taylor. Er muss der gekrümmten Zeitschleife entlang gehüpft sein, als er Queens Superhit „Radio Ga Ga“ schrieb. Darin heißt es: „You had your time, you had the power / You’ve yet to have your finest hour.“ Obwohl deine Zeit schon verstrichen ist, du kleines Radiogerät, die größte Stunde steht dir noch bevor. Und ist dies nicht die größte Stunde? Sich den Luxus zu gönnen, die Augen zu schließen und ein paar Böen ihrem Treiben zuzuhören, das ist schon eine Urlaubsreise, nein sogar noch besser, weil der Urlaub eines Tages ernüchternd endet. Aber die Aussicht auf ein anderes, besseres Leben endet nie. Nur weil man es schaffte für ein paar Minuten am helllichten Tag die Seher runter zu klappen. Aber natürlich: de Saint-Exupéry wusste das schon viel früher. Er schrieb, der alte Zeitreisende, bereits im Jahr 1943: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“.
Hmm, das ist ja quer durch die Genre, aber zum Schluss kommt alles gut zusammen.
Ich finde es wieder ziemlich gut, aber an manchen Ecken könnte man noch besser abrunden.
„Die kleinen Prinzen der NASA machen sich derzeit die Landschaften des Mars vertraut…“ müsste heißen: „Perserverance“, der kleine Prinzen der NASA macht sich derzeit die Landschaften des Mars vertraut. Das Landfahrzeug rollt sich über den roten Staub und sammelt Steine, die uns Geschichten über den Planeten erzählen.
Viele Grüße,
Max
„flimm-sala-bim“, diese Kolumne würde man gerne mit geschlossenen Augen hören, wenn sie vom Autor persönlich vorgelesen wird.
Einzig ein etwas altbackenes Wort scheint mir nicht recht zu passen: die „Gucker“,
Gruß
CM