B. Flimm
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Eine Kolumne von Bastian Flimm
24. März 2021
Wer die fantastischen Fünf sind und wie sie das Osterfest retteten
Der Osterhase ist in der Tat ein alter Hase. Geboren wurde er im Jahr 1682, als ein Frankfurter Arzt in seiner Dissertation „De ovis paschalibus – von Oster-Eyern“ den Brauch beschrieb, wonach die vom Osterhasen gelegten und versteckten Eier anschließend von Kindern gesucht werden. Aber nicht in allen Ländern und Regionen war der Osterhase immer ein Hase. In Teilen der Schweiz war es ein Osterkuckuck, in Westfalen der Osterfuchs, in Thüringen der Osterstorch und in Böhmen der Osterhahn. Die frühere Vielfalt der Ostermannschaft hat sich nicht in die Moderne retten können: der Schokoladenosterhase musste schließlich in möglichst großer Auflage durch die Fabriken geschleust werden. Nur so konnte dem Brauchtum ein kostengünstiges Produkt und dadurch eine ausreichende Rendite abgetrotzt werden.
Bei der Marathon-Nacht von Berlin haben sich die Gesprächspartner auch einiges abgetrotzt. Die Medien berichteten darüber, wie die Ministerpräsidentinnen mit der Kanzlerin bis früh morgens den Lockdown verhandelten. Es wurde jedoch kaum erwähnt, dass der Osterhase mit am Tisch saß. Dies mag auf den ersten Blick überraschen, ist aber auf den zweiten Blick total logisch. Immerhin ging es um den Zeitraum, in dem auch sein Fest, also das Osterfest gefeiert wird. Zumindest durfte er seine Wünsche vortragen, nämlich dass das Osterfest in üblicher Weise stattfinden sollte, allerdings mit der Einschränkung, dass alle Hasen Masken tragen und sich an Abstandsregeln halten. Nun ist der Osterhase nicht mehr ganz jung. Zwischen 23 Uhr und Mitternacht muss er kurz eingenickt sein, welches der Kanzlerin auffiel. Daraufhin ließ sie ihn schlafend zurück, führte die Besprechung im Nebenraum fort und konfrontierte ihn später mit etwas, das man nur als Affront bezeichnen kann. Das Osterfest soll ein Super-, ach Quatsch, ein Blitzlockdown werden, ohne Abendmahl in der Kirche, erst recht ohne die Großfamilie und mit eingeschränkten Einkaufsmöglichkeiten an Gründonnerstag und Karsamstag.
Ausgeschlafen traf der Osterhase am nächsten Tag seine Kumpels Kuckuck, Fuchs, Storch und Hahn wieder. Gemeinsam erfanden sie eine Fabel: wenn das Osterfest nicht ausreichend gefeiert wird, droht die feindliche Übernahme durch den Weihnachtsmann. Das hieße: ab sofort nur noch Schokoladenweihnachtsmänner, egal ob Weihnachten, Ostern oder Pfingsten. Dies verbreitete sich wie ein Osterfeuer und erreichte sogar die regierenden Nachteulen von Berlin. Und in der Tat kippte die Stimmung. Die Kanzlerin sah sich genötigt die Oster-Kasteiung zurückzunehmen: am Gründonnerstag dürfen jetzt doch sämtliche systemrelevante Ostersüßigkeiten leergekauft werden. So kam es, dass die fantastischen Fünf (Hase, Kuckuck, Fuchs, Storch und Hahn) zu Legenden wurden. Ihnen zu Ehren ist ein neuer Brauch entstanden: am Gründonnerstag zwischen 23 Uhr und Mitternacht gibt es einen Wettkampf, wer die Presseerklärung vom 24. März „Ich bin schuldig – mea culpa“ am flüssigsten vorlesen kann. Der Gewinner darf fünf Schokoladenosterhasen verzehren, gespendet von den fünf Teilnehmern aus maximal zwei Haushalten.
wir müssen uns nun am Gründonnerstag nach dem Oster-Einkauf, im Gedächtnis an diese Kolumne, die Ohren anlegen und nicht mehr die Füße, wir müssen uns für alle Zeiten die Pfoten waschen lassen.
Gruß CM
fein hast Du das Narrativ des Osterhasen gezeichnet, der in der Berliner Nacht vom 23. auf den 24.03. in große Gefahr geriet und dennoch vor dem drohenden Nichtsein gerettet wurde. Soviel mentale Widerstandskraft hätte man dem „alten Hasen“ gar nicht zugetraut. Da zog dann auch Angela Merkel die vorösterliche Notbremse der Marke „Mea culpa“, unterstützt von den „Fantastischen Fünf“. Wie hatte Goethe im Faust den Osterspaziergang geschaffen:“Vom Eise befreit….“
Dem Kolumnisten, der dieses schrieb, die herzlichsten Glückwünsche.
stoikus