Kolumnen
flimm-sala-bim
Eine Kolumne von Bastian Flimm
31. März 2021
Von soldatischen Tugenden im Corona-Kampf, rein zufällig marschiert der Soldat Schwejk vorbei
In diesen Zeiten der sich überschlagenden Nachrichten ist es schnell möglich, die neueste Brandrede gegen das Virus zu verpassen. Für den Leser dieser Kolumne stellt das aber kein Problem dar. Die Lösung: Sie schnappen sich ein lässig klingendes Wort, z.B. „Bubble“ und packen es in einen noch lässigeren Satz, und sagen: „Ach, habe ich gar nicht mitbekommen, war in meiner Bubble unterwegs“, garniert mit einem souveränen Lächeln. Nun geschieht etwas, das kaum jemand erklären kann: Sie werden mit Respekt und Bewunderung überschüttet, denn solch eine Geradlinigkeit des Nicht-Wissens lässt ein höheres Ziel vermuten, was es aber gar nicht gibt. Es ist dieser Umstand, der Ihnen nun eine gewisse Narrenfreiheit erlaubt. Wie lang solch ein Spiel gut geht, hängt ganz von Ihrem Talent ab.
Schon seit 100 Jahren existiert der brave Soldat Schwejk in genau dieser Nische bzw. in dieser Bubble. Geburtshelfer des Soldaten war der tschechische Schriftsteller Jaroslav Hašek, der im März 1921 das erste Heft über den Ausnahmehelden veröffentlichte. Aber was zeichnet diesen Soldaten aus? Nun, seine erste große Charaktereigenschaft ist es, nicht dazu zu lernen. Ja, Sie haben richtig gelesen. Schwejk ist Schwejk. Er sieht es nicht ein, dass man irgendetwas anders oder besser machen könnte. Seine zweite große Eigenschaft ist es, die aktuell geltenden Pflichten und Vorschriften über zu erfüllen. Diese Eigenschaft kann selbst im Soldatenberuf zu leichten Spannungen führen. Auf die Frage eines Vorgesetzten: „Ich würde gerne wissen, Sie Meeressau, was Sie jetzt wohl denken“ antwortet Schwejk: „Melde gehorsamst, dass ich überhaupt nicht denke.“ Aber der Vorgesetzte ist nicht zufrieden: „Sie sind gar kein Idiot, Schwejk, … Sie sind ganz ausgebufft, ein Lump sind Sie, ein Mistkerl, verstehen Sie.“ Auch auf diese Einlassung kontert Schwejk nur: „Melde gehorsamst, dass ich verstehe.“
Das Leben in einer trickreichen pandemischen Bubble, die nun schon 12 ½ Monate andauert, fordert Disziplin, welche auch eine soldatische Tugend ist. Aus diesem Grund dürfte ausgerechnet Schwejk zum Mitarbeiter des Monats aufsteigen, nicht nur bei allen Landes- und Bundesregierungen, sondern auch bei Dax-Konzernen, in allen Schulen und beim Dönerladen um die Ecke. Sagte nicht kürzlich der bayerische Ministerpräsident: „Es gibt keine Osterruhe fürs Impfen“ und über das strauchelnde Vakzin Astra Zenica: „Wer will und wer es sich traut, der soll die Möglichkeit haben“? Das ist ein Marschbefehl für den mutigen Soldaten Schwejk. Selbstbewusst tritt er vor: „Melde gehorsamst, stehe bereit zur Impfung.“ Auf die Frage: „Auch Astra Zenica?“ antwortet er: „Melde gehorsamst, Tag und Nacht, Astra und Zenica.“ Solch eine Geradlinigkeit lässt nicht nur die impfenden Ärzte aufhorchen, sie ist eine Leuchtgranate, ein Vorbild an der heiß umkämpften Virusfront. Aber käme jemand auf die Idee, ihn mit einer Tapferkeitsmedaille zu versehen, wie würde er das verkraften …, ja was würde er sagen? Wahrscheinlich dies: „Melde gehorsamst, dass ich auf die zweite Impfung warte.“
Hmm. Den letzten Teil verstehe ich nicht, mit der Medaille und dem Impfen.
Und irgendwie vermisse ich zum Schluß noch mal die Bubble. Warum auch immer.
Max
hab nichts zu meckern, das geht doch nicht! Allein schon die Auswahl des braven Soldaten Schwejk ist genial und so treffend!
Sind wir nicht alle, mehr oder weniger, kleine Schwejks? Auf diese Gestalt muss man erstmal kommen
Heidi